In der Garnisonsstadt gibt es viel „sittliche Gefährdung“. Unser Verein unterstützt insbesondere die „unwürdigen Armen“, also uneheliche Mütter, Gestrauchelte und sittlich Gefährdete. Wir sehen unsere anfängliche Aufgabe darin, den gefährdeten und gefallenen Mädchen und Frauen nachzugehen. Wir suchen sie in Familien, Krankenhäusern und Gefängnissen auf und beraten sie.
Geschichte
Meilensteine des
guterhirte e.V.
Unseren Verein guterhirte e.V. gibt es bereits seit 1908. In der über 100-jährigen Geschichte haben sich die Stadt Ulm und das Leben hier stark verändert – und damit die Arbeit des Vereins.
Kommen Sie mit uns auf eine Zeitreise!
Zeitstrahl unserer
1911
Bald reicht die nachgehende Fürsorge nicht mehr aus. Ein Notasyl als Zufluchtsstätte wird gesucht, um betreute Mädchen und Frauen mit und ohne Kind von der Straße weg in Schutz zu nehmen. Die Stadt Ulm stellt im verwahrlosten Leprosenhaus in der Friedensstraße 40 drei Zimmer mit Küche zur Verfügung.
Unterstützung & Hilfe auch außerhalb Ulms
Der Verein braucht Mittel, um den Unterhalt der Schützlinge und der zwei Schwestern vom Kloster Reute sowie die Einrichtung des Asyls zu sichern. Nur mit Hilfe von Wohltätern aus allen Schichten der Ulmer Bevölkerung kann das gelingen. Auch der Bischof, das Württembergische Königshaus und andere adlige und bürgerliche Persönlichkeiten spenden.
1913
Im Haus wohnen 1908 über das Jahr verteilt zwölf Frauen und zwei Kinder. 1913 sind insgesamt 105 Frauen und 115 Kinder im Haus, manche kürzer, andere länger. Auch die Zahl der Schwestern, die im Asyl arbeiten, steigt. Nebenbei unterstützen uns immer mehr ehrenamtliche Mitarbeiterinnen bei ambulanten Aufgaben.
1914
Der erste Weltkrieg belastet. Im Jahr 1914 werden 210 Erwachsene und 128 Kinder betreut, darunter sind Frauen mit 6, 8 und 9 Kindern.
1915
1918
Das Nachbarhaus, Friedensstraße 38, kann erworben werden. Das entzerrt die unzumutbaren räumlichen Verhältnisse. Das neu erworbene Haus wird Kinder- und Säuglingsheim. Zudem kann für die Schwestern eine Hauskapelle eingerichtet werden.
Bald jedoch beklagen sich Nachbarn über das morgendliche Singen der Schwestern, sodass fortan mit geschlossenen Fenstern gesungen wird.
1920 bis 1934: Zwischen den Kriegen
1920
Die Schulden durch den Hauskauf drücken. Durch die Initiative der Vereinsvorsitzenden Schultheiß gelingt es, weitere Spender zu finden. Um den Betreuten Beschäftigung zu geben und um die geringen Pflegegelder aufzustocken, werden eine Bettfedernreinigung, eine Wasch- und Bügelanstalt sowie eine Nähstube eröffnet.
1931
Der Verein übernimmt das Kinderheim des Katholischen Frauenbundes aus Söflingen. Die Kinder bleiben bis zum schulpflichtigen Alter im Guten Hirten.
1933
Zum Jubiläum ziehen wir Bilanz. Es gab insgesamt:
- 1.500 Besuche in Privatwohnungen
- 2.000 Besuche in der Hautklinik
- 1.500 Besuche im Gefängnis
Von einigen Mitarbeiterinnen werden über die Jahre Vormundschaften übernommen. Betreuung im Asyl von insgesamt 4.550 Erwachsenen und 1.875 Kindern. Die Aufenthaltsdauer schwankt zwischen einem Tag/einer Nacht und bis zu 15 Jahren.
1934
Kirchliche Einrichtungen kommen unter Druck. Auf Grund dessen schließen sich die Einrichtungen in einer Anstaltskonferenz zusammen. Erstaunlicherweise werden die Schwestern im Guten Hirten nicht in ihrer Arbeit behindert.
Ein Haus in der Prittwitzstraße 15 kann erworben werden. Es bietet Platz für 30 Kinder und das Pflegepersonal vom Kloster Reute. Der Erwerb dieses Hauses ist ein bedeutender Schritt vom Asyl zum Kinderheim.
1939 bis 1945: Zweiter Weltkrieg – der Verein „Guter Hirte“ bleibt nicht verschont
1939
Thekla Macho wird neue Vorsitzende, nachdem Agnes Schultheiß aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten ist. Der Verein hat zu diesem Zeitpunkt 142 Mitglieder. In den Häusern in der Friedensstraße und in der Prittwitzstraße sind 18 Ordensschwestern, eine
Säuglingspflegerin und eine Kindergärtnerin tätig.
1944
Fünf Jahre übersteht das Vereinsgebäude gut. Am 17.12.1944 jedoch wird beim großen Fliegerangriff das Asyl und das Kinderheim in der Friedensstraße schwer getroffen. Die Schäden sind so groß, dass die Kinder samt Personal nach Ingerkingen evakuiert werden müssen.
1945
Beim großen Angriff am 01.03.1945 auf die Ulmer Oststadt wird das Haus in der Prittwitzstraße stark beschädigt. Die 24 Kinder samt betreuenden Schwestern werden nach Brandenburg an der Iller gebracht. Es kommt noch viel Leid über die Ulmer Bevölkerung, bis dann am 08.05.1945 endlich der Krieg beendet ist.
Sofort beginnen die verbliebenen Schwestern mit vielen Helfern mit dem Wiederaufbau. Schon am 01.09.1945 können die Kinder zurückkehren und alle drei Häuser sind wieder beziehbar.
In diesem Jahr werden auch die Schwestern vom Kloster Reute aus Nachwuchsmangel ins Mutterhaus abgezogen. Es bedeutet viel Mühe für den Verein, bis die Schwestern vom Heiligen Kreuz ihre Zusage als Nachfolgeorden geben.
1948 bis 1957: Hilfe von allen Seiten
1948
Viele halt- und heimatlose Jugendliche werden aufgegriffen und dem Verein für kürzere oder längere Betreuung übergeben. Der tägliche Pflegesatz beträgt DM 1,-. Nur durch Zuwendungen von allen Seiten – auch durch amerikanische Soldaten – kann die ärgste Not überwunden werden.
Aus gesundheitlichen Gründen gibt Thekla Macho ihr Amt zurück und Paula Schmid übernimmt den Vorsitz.
1950
Die Arbeit der Schwestern konzentriert sich immer mehr auf Säuglinge und Kleinkinder, deren Zahl auf 180 angestiegen ist. Mittlerweile werden 180 Kinder betreut, wodurch die Räumlichkeiten den Anforderungen nicht mehr gewachsen sind. Ein Neubau wird in Betracht gezogen.
Durch mühsame Verhandlungen kann schließlich das Areal Ecke Prittwitzstraße/Regerweg erstanden werden. Doch die notwendigen Mittel zum Bau fehlen.
1955
Die Stadt Ulm beschließt, kein eigenes städtisches Kinderheim zu bauen. Sie stellt den beiden konfessionellen Einrichtungen in Ulm je zur Hälfte Mittel zur Verfügung, um die notwendige Arbeit zu leisten.
Der Verein kann so neben einem dringend benötigten Säuglingsheim noch einen Bau für Schüler erstellen, um in Zukunft auch Kinder bis zum Ende der Schulzeit beherbergen zu können. Für die Kinder bedeutet dies, dass sie nicht die Bezugspersonen wechseln müssen. Das war oft mit Trauer und Tränen einhergegangen.
1957
Am 25.07.1957 werden die neuen Häuser unter großer Beteiligung von Kirchen, Behörden und Bevölkerung eingeweiht. Die Häuser in der Friedensstraße werden aufgelöst und unter Mithilfe von Bevölkerung und Amerikanern in die Prittwitzstraße verlegt. Nun ist alles unter einem Dach.
Die neue Einrichtung kann nun 180 Kinder und 20 junge Mütter aufnehmen, diese werden von 10 Schwestern und 15 Helferinnen betreut. Viele Kinder bekommen in dieser Zeit von adoptionswilligen Eltern eine neue Familie.
Die in Neu-Ulm stationierten Amerikaner helfen, wo sie können: Sie finanzieren z.B. der Schwester Elisabeth den Führerschein und die Anschaffung eines Autos.
1966 bis 1985: Die Ordensschwestern ziehen sich zurück, die Pädagogik orientiert sich neu
1966
Die Schwestern vom Heiligen Kreuz werden in ihr Mutterhaus zurückgerufen. Schwester Elisabeth Merk bleibt in Ulm, die Leitung übernimmt Rose Breinlinger. Für den Verein bringt das Jahr 1966 große Sorgen. Trotz intensiver Bemühungen wird kein Orden gefunden, der die Arbeit übernimmt. 1966 wir ein letztes Mal Silvester zusammen gefeiert.
So beginnt mit Frau Rose Breinlinger, der ersten weltlichen Leitung, eine neue Ära im Guten Hirten. Die neue Leitung braucht viele neue Mitarbeiterinnen, die in der Lage sind, die vielen Kinder zur Schulreife zu führen oder schulisch zu fördern. Schwester Elisabeth Merk, links im Bild, bleibt als Verwalterin.
1968
Die von Nürnberg ausgehende Antiheimkampagne „Holt die Kinder aus den Heimen“ beeinflusst die Arbeit der Mitarbeiterinnen. Sie regt zur Auseinandersetzung mit bisherigen Erziehungskonzepten an.
1971
Frau Paula Schmid legt aus gesundheitlichen Gründen ihr Amt als 1. Vorsitzende des Vereins nieder und Frau Luise Pfaff wird an ihre Stelle gewählt.
1976
Ein Personalhaus und eine moderne Großküche werden fertiggestellt. Die Pädagogik fordert weitere Flexibilität. Auch die Jugendlichen verbleiben im Haus und werden in Kleingruppen begleitet. Ziel ist es, sie so zu begleiten, dass sie lernen, neben weiterführenden Schulen und Berufsausbildung einen kleinen Haushalt zu führen, um für die Selbständigkeit nach dem Auszug gerüstet zu sein.
1977
Dieses und die folgenden Jahre wird weiter pädagogisch umgebaut. Heilpädagogische Tagesgruppen sprießen in zweijährigem Turnus aus dem Boden – auch im Stadtteil Wiblingen.
Gleichzeitig werden Heimplätze abgebaut. Manche Eltern können so mehr in die Verantwortung genommen werden und den Kindern bleibt ihr Umfeld erhalten.
1987 bis 2008: Ursprüngliche Zielsetzungen neu umgesetzt
1990
Die Bärenhöhle, eine Tagesstätte für Kinder von der Geburt bis zum Alter von 6 Jahren, wird eröffnet. Alleinerziehenden Müttern – vorrangig aus unserer Mutter-Kind-Wohngruppe – wird Schulabschluss und Ausbildung ermöglicht.
1994
Die Pflegesätze werden eingefroren, damit steht fast die Existenz der Einrichtung auf dem Spiel. Die Mitarbeiter errichten einen Solidaritätsfond, der den Auszubildenden den Arbeitsplatz sichert.
1998
Nachdem das „Haus für das Leben“ in den Regerweg verlegt und eine Tagesgruppe nach Söflingen verlagert wurde, geht der Verein weiter zurück zu seinen Quellen. Er bietet an seinem 90. Geburtstag wieder ambulante Hilfen an, um junge Menschen ganzheitlich betreuen zu können.
Mit einem neuen Logo, neuer Schreibweise und Benennung umschreibt die Einrichtung ihr neues Aufgabenfeld: guterhirte – Zentrum für Kinder-, Jugend- und Familienhilfe.
1999
Die Deckelung der Pflegesätze endet und längst notwendige Innenrenovierungen stehen für die kommenden Jahre an.
2000
Vereinsmitglieder und Mitarbeiter entwickeln gemeinsam ein Leitbild.
2001
Der Verein übernimmt vom Caritasverband die beiden Außenwohngruppen und das Betreute Wohnen samt allen pädagogischen Mitarbeitern. Im pädagogischen Bereich werden offensiv Qualitätsstandards festgeschrieben.
2003
Gemeinsam mit der Stadt Ulm und den anderen Jugendhilfeeinrichtungen gehen wir in den kommenden Jahren den Weg der „Sozialraumorientierung“. Die ambulante Arbeit bekommt einen noch höheren Stellenwert, die Tagesgruppen verändern sich noch mehr in Richtung Familienarbeit. Das alles findet unter dem Blickwinkel eines Sozialraumbudgets statt, das zumindest die bestehenden Kosten nicht überschreiten darf.
2006
Nach 25 Jahren Leitung geht Frau Helga Philipp in den Ruhestand und Frau Susanne Denoix tritt an ihre Stelle. Erstmals in seiner Geschichte geht der Verein mit dem Landeswohlfahrtsverband vor die Schlichtungsstelle, um nach einer weiteren Deckelungsphase wieder annähernd kostendeckend arbeiten zu können.
2007
Die Kooperation zwischen der Stadt Ulm, dem Oberlinhaus und dem Zentrum guterhirte weitet sich aus. Die Vorbereitungen zur 100-Jahrfeier laufen auf Hochtouren.
2008
Am 6. April 2008 wird mit einem Festgottesdienst in St. Georg das Jubiläumsjahr eröffnet.
2013 bis 2024: Stetiges Wachstum
2013
Eröffnung von zwei Gruppen in der Kinderkrippe. Gründung des Heimrats zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an Entscheidungen im guterhirte.
2014
Gründung der sozialpädagogischen Jugendwohngemeinschaft „Senlima“ für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.
2015 + 2016
Die Jugendwohngruppe Alba wird gegründet. Der Schwerpunkt liegt auf unbegleiteten minderjährigen männlichen Geflüchteten. Gründung einer weiteren Gruppe für unbegleitete minderjährige Geflüchtete in Bernstadt. Gründung der Intensivwohngruppe Phönix in Hof Hagen.
2017
Unser guterhirte wird vom Fachverband Traumapädagogik zertifiziert.
2020
Im Verein guterhirte e.V. übernimmt Professor Frowin Derr den Vorstandsvorsitz.
Schul- und Kitaschließungen stehen an, dazu kommt das Ausgeh- und Besuchsverbot. Kinder und Jugendliche werden direkt in den Wohngruppen unterrichtet und durchgängig betreut. Ambulante Mitarbeitende, die nicht in die Familien dürfen, unterstützen die stationären Wohngruppen.
Ein Team stellt sich als Quarantänegruppe für die Inobhutnahmen für an Corona erkrankte Kinder zur Verfügung. In der Kita werden Hygienekonzepte und Notgruppen eingerichtet. Ein Teil der Gruppen weicht nach draußen auf die „Hexenwiese“ aus.
2022
Im guterhirte arbeiten wir jetzt mit Vertrauenserzieher*innen. Sie sind Ansprechpartner, wenn Kinder oder Jugendliche sich ungerecht behandelt fühlen oder Unterstützung bei der Klärung von Konflikten benötigen.
Unsere Intensivwohngruppe Füchse wird eröffnet. Die Inobhutnahmeanfragen sind ungebrochen hoch. Es wird eine spezielle Beauftragte eingestellt, die sich um diese Anfragen kümmert. Sie versorgt die jungen Menschen und entlastet die Wohngruppen.
2023
Gründung der Jugendwohngemeinschaft Georg für unbegleitete minderjährige Geflüchtete.
2024
Der Verein passt die Satzung an. Susanne Denoix, Leitung des guterhirten, wird hauptamtliche Vorständin.
Jahresbriefe
Eine schöne Tradition: Am Jahresende berichten wir in unserem Jahresbrief, was bei uns in den vergangenen 365 Tagen geschehen ist. Der Brief richtet sich an alle, die irgendwie mit dem Zentrum guterhirte verbunden sind.
Jahresbrief 2021
Lichtblicke
Vergangene Lichtblicke, die uns etwas Freude und Leichtigkeit im Pandemiealltag brachten.
Jahresbrief 2019
Stärken stärken!
Es wichtig, die Stärken der Kinder, Jugendlichen und Familien zu sehen und zu stärken.
Aktuelle Nachrichten
Ob Bauvorhaben, Ausflüge oder eigene Veranstaltungen wie unser jährliches Sommerfest – erfahren Sie, was gerade im Zentrum guterhirte passiert.